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Auch in diesem Bereich wurde allmählich aus Zufallserkenntnissen ein wissenschaftlicher Forschungsbereich, der zusammenwirken musste mit kreativem Instrumentenbau: Erst wenn ein Instrumentenmacher in Restaurationen (was oft nicht mehr geht) oder genauem Nachbau die gefundenen Erkenntnisse zum Klingen bringt, kann eine Klangvorstellung entstehen. Das verlangt sehr viel Einfühlungsvermögen. Der Kölner Geigenbauer Michael Pilger: „Es reicht nicht, die genauen Maße einer Stradivari auf ein Stück Holz zu übertragen. Jedes Holz ist anders und ich muss mich fragen, was Stradivari wohl nach seiner Denkweise mit diesem Holz gemacht hätte.“

Der Umgang mit dem solcherart gewonnenen Instrumentarium macht ganz schnell deutlich, dass auch die Spielweise anders sein muss. Alte Violinbögen leisten z.B. etwas ganz anderes als moderne. Auch hier werden die praktische Erfahrung und exakte Studium der Quellen notwendigerweise zu Partnern.

Dies führt ohne abrupten Übergang zu einem dritten Aspekt, der Auseinandersetzung mit der „historischen Aufführungspraxis“. Die Auseinandersetzung mit den Quellen, die in allen Bereichen in den letzten 50 Jahren nachgerade explodierte, hat zunehmend bewusst gemacht, dass es selbst bei genauer Beherrschung des Instrumentariums nicht reicht, einfach in der gewohnten Weise die neu auf dem Pult liegenden Noten zu spielen.

Noten drücken nur bis zu einem gewissen Grade aus, wie das Erklingende gemeint ist. Immer setzt die Aufführung voraus, dass ein Spieler die Art und Weise der Musik kennt. Das gilt bis heute. Wer etwa die spezifische Art und Weise nicht kennt, wie eine Folge gleich aussehender Achtelnoten im Swing gespielt wird, wird nie etwas herausbekommen, was wie Swing klingt. Der Vergleich mit Laut in der Sprache und Buchstabe liegt nahe: Nur wer die deutsche Sprache aus Erfahrung kennt, weiß, wie die beiden E-Laute in einem Wort wie „Ehre“ oder „Leben“ sich unterscheiden. Und nur wenn diese Kenntnisse umgesetzt werden können, klingt deutsche Sprache echt.

   
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